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Tessa Hempson: Tauchen für eine bessere Welt

Die südafrikanische Meeresaktivistin Tessa auf einem Kreuzzug von Mnemba nach Mosambik

Hamburg im Frühling. Mehr als 1.200 Menschen strömen ins Cinemaxx, das größte Kino der norddeutschen Stadt, um einer Horde Surfer, Taucher und Aktivisten zuzuschauen und zuzuhören. „Ozean ohne Grenzen“ lautet das Motto. Die „International Ocean Film Tour“ ist im fünften Jahr kein heimliches Umweltschützertreffen mehr, sondern ein riesiger Publikumsmagnet. Auf der Bühne erscheint eine sportliche blonde Frau. Die Menge bricht in Jubel aus. Tessa Hempson beginnt zu sprechen. „Zu viele Boote, zu viel Fischfang und Tauchen, zu viele Touristen und zu viel Dreck von Hotels – wir müssen den Mord an Meereslebewesen stoppen.“ 

Als ich den aufsteigenden Superstar der Meere das nächste Mal treffe, spazieren wir fröhlich durch Stone Town, die historische Altstadt von Sansibar. Tessa will Proviant für eine Reise nach Mnemba besorgen, einer ein Quadratkilometer großen Luxusinsel im Sansibar-Archipel. Die attraktive 39-jährige Meeresbiologin mit einem Doktortitel in Meeresschutz hat ihr Leben dem Kampf gegen Plastikmüll und dem Kampf für den Erhalt intakter Korallenriffe verschrieben. Ihr Arbeitsplatz ist das Meer vor der Küste Mosambiks und Tansanias. Mutterriffe, die in fluoreszierenden, psychedelischen Farben leuchten, sind ihre Forschungsobjekte. Doch immer häufiger beobachtet Tessa Hempson gebleichte Korallen, das Ergebnis des Klimawandels und der vom Menschen verursachten Verschmutzung. 

Bevor wir – natürlich unter Einhaltung eines strengen ethischen Verhaltenskodex wie gleichmäßiger Bootsgeschwindigkeit und leisem Einstieg ins Wasser – mit Delfinen schnorcheln gehen, erklärt sie mir, was es mit einem Mutterriff auf sich hat: „Bei ihrer spektakulären Korallenblüte geben über 200 verschiedene Korallenarten ihre Eier und Samen ins Meer ab, ein atemberaubendes Farbenspiel, das wiederum Meerestiere von kleinsten Lebewesen bis hin zu Grauen Riffhaien, seltenen Dugongs, Buckelwalen und der Grünen Meeresschildkröte anlockt.“ Die Korallenmikropartikel, die die winzigen Tiere ausscheiden, werden als Sand angeschwemmt. Mutterriffe sind also der Nährboden für ein intaktes Meer.  

Dass sich afrikanische Luxushotelmarken zunehmend im Umweltschutz engagieren, ist kein Zufall. Eine anspruchsvolle, finanzkräftige Kundschaft legt großen Wert auf Naturschutz – und belastet die Umwelt dabei deutlich weniger als der Massentourismus. „Besser ein Gast zahlt 1.000 Dollar, als 1.000 Gäste einen Dollar“, resümiert General Manager Scott Rattray von der Mnemba Island Lodge, wo sich 62 Mitarbeiter um zwanzig Gäste in zehn exklusiven Strand-Bandas kümmern. Die etablierte Anlage wird vom südafrikanischen Reiseunternehmen andBeyond betrieben, das 29 Safari-Lodges und -Camps besitzt und die grüne Strategie noch einen Schritt weitergeführt hat. Die Kette beschäftigt Tessa Hempson als ständige interne Forscherin und initiiert zahlreiche Gemeinschaftsprojekte. Das Luxusatoll Mnemba ist mit einer eigenen Entsalzungs- und Abfüllanlage, Grauwasserfilterung, einem Schildkröten-Brutstrand, Wiederaufforstung und einem Aders Ducker-Antilopen-Umsiedlungsprojekt komplett grün und plastikfrei geworden. 

Das Projekt „Oceans Without Borders“ der Hotelgruppe andBeyond erstreckt sich von Mnemba über Vamizi bis zur Insel Benguerra, beide in Mosambik, und umfasst 2.000 Kilometer wilde Küste. So wie sich das Nashorn-Programm „Rhinos Without Borders“ für die Artenvielfalt an Land einsetzt, widmet sich Tessas Inselhopping der Rettung der Artenvielfalt im Indischen Ozean. 

Drei Stunden am Tag verbringt Tessa im Meer. Sie wurde in der Binnenstadt Nelspruit geboren, ging in Pretoria zur Schule und studierte in Australien. Jetzt kontrolliert sie Riffe und zeichnet die Routen von Haien auf, insbesondere in der Nähe der Insel Vamizi, wo sich eines der ältesten und gesündesten Riffe der Welt befindet. Sie bestätigt seit langem die Warnungen internationaler Expertenkollegen: „Rasch steigende Konzentrationen von Kohlendioxid erwärmen die Ozeane und führen zum Verfall der Korallen. Sieben Millionen Tonnen Plastikmüll landen jährlich im Meer.“ 

Eine weitere Gefahr, die der südafrikanischen Umweltschützerin und Forscherin Sorgen bereitet, sind Erdgas- und Ölfunde vor der Küste. „Eine große Bedrohung für die empfindliche Flora im Indischen Ozean“, warnt die Meeresbiologin. In Mnemba hat sie kürzlich Fischern das Schnorcheln beigebracht und ihnen so die Unterwasserwelt mit neuen Augen gezeigt. Sie schwimmt mit einheimischen Kindern, wünscht sich aber oft Schnorcheltouristen weg. „50 Boote pro Tag für ein Riff sind einfach zu viel.“ 

Das winzige ovale Atoll im Sansibar-Archipel zeugt von einem wachsenden Umweltbewusstsein. Für die Inseln wie für die ganze Welt heißt es: Untergehen – oder aufwachen! 

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